20.11.2020

Digitaler Nachholbedarf

Erster Trendmonitor MDAX von MPM

Unser Trendmonitor DAX 30 gibt schon lange Auskunft über die mittel- und langfristigen Tendenzen in der Geschäftsberichtserstattung. Wie sieht es aber im Vergleich dazu mit den Berichten des deutschen Mittelstands aus? Diese Frage konnten wir bislang nur im Einzelfall beantworten – bis jetzt. Denn nun haben wir zum ersten Mal auch die Geschäftsberichte der MDAX-Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft. Dabei haben wir uns die mehr als 30 Kriterien angeschaut, die wir auch bei unserer Analyse der DAX-Konzerne zugrunde legen.

Wir waren natürlich gespannt auf das Ergebnis – und am Ende auch überrascht. Denn neben wenigen Gemeinsamkeiten überwiegen doch die Unterschiede zwischen den Großen und den Mittelgroßen. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass der deutsche Mittelstand insgesamt eher zurückhaltend ist in seiner Stakeholder-Kommunikation. So nutzen zum Beispiel nur 40 Prozent der Unternehmen eine Botschaft des Vorstands, um Kontakt mit den Lesern aufzunehmen. Im DAX dagegen verzichtet nur eine kleine Minderheit (10 Prozent) auf diese kommunikative Möglichkeit.

Imagekommunikation nur für Minderheit wichtig

Für gut 42 Prozent der Unternehmen hat Imagekommunikation einen Platz im Geschäftsbericht. Damit unterscheiden sich die Mid Caps nicht von den DAX-Konzernen; dort nutzen ebenfalls 40 Prozent den Bericht, um Botschaften zu platzieren, die über die rein regulatorisch-finanzielle Ebene hinausgehen.

Darin erschöpfen sich jedoch auch schon die Gemeinsamkeiten. Während im DAX die Kommunikation sehr differenziert und individuell erscheint, folgen die MDAX-Unternehmen mehrheitlich dem klassischen Muster einer (kurzen) Imagestrecke zu Beginn des Berichts. Thematisch dominiert dabei die Darstellung von Strategie, Zielen und Geschäftsfeldern. Weitergehendes Storytelling oder eigenständige Medienformate wie Annuals und Magazine sind die absolute Ausnahme.

Potenzial von Online-Berichten wenig genutzt

Nur knapp 37 Prozent der 60 MDAX-Unternehmen bieten ihren Stakeholdern einen HTML-Bericht an – ein ganz deutlicher Unterschied zum DAX, wo 70 Prozent auf einen Online-Geschäftsbericht setzen. Auch dabei zeigt sich eine generell zurückhaltende Tendenz – und aus unserer Sicht durchaus verschwendetes Potenzial, breitere Stakeholdergruppen für das Unternehmen und seine Aktien zu begeistern. Mit Blick auf digitale Trends und sich ändernde Stakeholderbedürfnisse und Nutzerverhalten erkennen wir da klar Nachholbedarf.

Mehrwert im PDF auch im MDAX wichtig

Anders schaut es bei dem Leitmedium für Geschäftsberichte, der PDF-Datei, aus. Hier lässt sich eine Parallele zum DAX ziehen: Der PDF-Bericht wird komfortabler für den User. Während verlinkte Inhaltsverzeichnisse schon immer recht häufig waren, beobachten wir einen Trend hin zu Navigationselementen, wie man sie aus dem Internet oder von interaktiven Präsentationen kennt. Es scheint sich eine Konvergenz bei den digitalen Medien PDF und Website abzuzeichnen.

Kalte Schulter statt warmer Worte

Wenn mit 60 Prozent die deutliche Mehrheit aller MDAX-Unternehmen auf eine Botschaft des Vorstands verzichtet, gibt das zu denken. Warum das so ist, wäre sicher eine eigene Umfrage wert. Wir wollen über das Fehlen der CEO-Botschaft nicht spekulieren, kommentieren können wir es aber schon. Denn bei aller Digitalisierung im Investmentbereich werden Geschäftsberichte auch heute noch von Menschen gelesen.
Früher einmal (vor zehn, fünfzehn Jahren) galt das Vorstandsvorwort als der meistgelesene Teil eines Geschäftsberichts. Dieser Berichtsteil hatte eine ganz klare Aufgabe: Er stellte den Kontakt zu den Lesern her und diente der Beziehungspflege zu den Anteilseignern. Aus Sicht der Unternehmenskommunikation ist diese Funktion heute wichtiger denn je. Denn wer zu Beginn eines Geschäftsberichts – sei es Print, PDF oder online – keine Beziehung zum Leser (User) aufbauen kann, dem wird es auch an keiner anderen Stelle des Berichts gelingen.

Studie jetzt downloaden!