08.12.2016

CSR-Berichtspflicht: Wo bleibt das Gesetz?

Ein Beschluss durch den Bundestag steht trotz vorgegebener EU-Frist noch immer aus. Ein aktueller Statusreport.

Mit Stichtagen ist das so eine Sache, auch in der Politik. Denn eigentlich hätte die EU-Richtlinie (2014/95/EU) zur nichtfinanziellen Berichterstattung von Unternehmen bis zum 6. Dezember 2016 in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Wie uns die Pressestelle des Deutschen Bundestages jedoch auf Anfrage mitteilte, ist diese Frist ohne Beschluss verstrichen. Das Gesetz werde in diesem Jahr wohl nicht mehr zur Abstimmung kommen, heißt es aus Berlin.

 

Stand der Gesetzgebung

Ende September hatte die Bundesregierung ihren Gesetzesentwurf zum CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz beschlossen, seit Mitte Oktober wurde das Gesetz im Bundestag debattiert. Der Entwurf aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hatte sich inhaltlich eng an der EU-Richtlinie orientiert (wir berichteten "CSR-Berichtspflicht: Was kommt auf Unternehmen zu?") , unter anderem auch hinsichtlich des Kreises der betroffenen Unternehmen, die die geforderten nichtfinanziellen Informationen veröffentlichen müssen.

 

Wer und wie viele sind überhaupt betroffen? 

Der Gesetzesentwurf adressiert große kapitalmarktorientierte Gesellschaften sowie alle Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen (unabhängig von ihrer Rechtsform), die eine Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen oder einen Umsatz von mehr als 40 Millionen Euro ausweisen und im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen.

Doch was heißt das konkret? Einer Schätzung des Bundesanzeigers zufolge würde das Gesetz bei 548 Unternehmen in Deutschland greifen. Eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Analyse kommt sogar nur auf 536 betroffene Unternehmen. Welche Schätzung am Ende auch korrekt sein mag, klar wird: Der gesetzliche Rahmen für die CSR-Berichtspflicht ist relativ eng gefasst. Deutlich enger, als dies einigen politischen Vertretern lieb ist. So forderte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter anderem, dass die höheren Transparenzanforderungen für deutlich mehr Unternehmen gelten sollten. Die Bundesregierung hingegen wollte mit ihrem Gesetzesentwurf eine Ausweitung vermeiden, um die Belastungen für kleine und mittelständische Unternehmen gering zu halten.

 

Was kostet die CSR-Richtlinie die deutsche Wirtschaft?

Zusammen mit dem Gesetzesentwurf hat das Bundesjustizministerium auch eine Schätzung abgegeben, mit welchen Belastungen durch das neue Gesetz für die Wirtschaft zu rechnen ist. Neben einem einmaligen Umstellungsaufwand von ca. 35,219 Millionen Euro wird ein zusätzlicher jährlicher umsetzungsbedingter Erfüllungsaufwand von 10,794 Millionen Euro erwartet. Aufgrund der Mitgliedstaatenoption zur zeitlichen Entkoppelung von Finanzbericht und Nachhaltigkeitsbericht (binnen sechs Monaten nach Jahresabschluss) sieht das BMJV die Chance einer Entlastung von zehn Prozent beim Umstellungsaufwand beziehungsweise von fünf Prozent beim jährlichen Aufwand. Arbeitgeberverbände fürchten hingegen einen deutlich höheren administrativen und finanziellen Mehraufwand. Wie hoch die tatsächlichen Belastungen für Unternehmen sein werden, wird sich erst zeigen, wenn das Gesetz tatsächlich greift. Der Regierungsentwurf sah vor, dass es für nach dem 31. Dezember 2016 beginnende Geschäftsjahre wirksam sei. Wird das Gesetz in diesem Jahr nicht mehr verabschiedet, ist auch in diesem Punkt mit einer Neuregelung zu rechnen.